Die deutsche Wirtschaft kämpft seit Jahrzehnten mit einem stetigen Rückgang der Produktivität. Kann Künstliche Intelligenz (KI) den Trend umkehren? Ein aktuelles Gutachten des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) Köln gibt Anlass zur Hoffnung – aber auch zur realistischen Einschätzung.
Produktivitätssteigerung durch KI – aber kein Wunder
Seit den 1990er Jahren ist die Produktivität in Deutschland kontinuierlich gesunken. 2024 lag das Wachstum bei mageren 0,4 Prozent. Die Studie des IW Köln zeigt jedoch, dass KI das Potenzial hat, diesen Negativtrend umzukehren. Prognosen zufolge könnte das jährliche Produktivitätswachstum zwischen 2025 und 2030 auf 0,9 Prozent steigen und bis 2040 sogar 1,2 Prozent erreichen.
Zwei Drittel dieser Entwicklung sollen direkt durch KI getrieben sein. Hubertus Bardt, Wissenschaftlicher Geschäftsführer des IW Köln, betont: „KI ist der größte technologische Hebel, den wir haben.“ Doch er warnt auch davor, KI als Wundermittel zu betrachten. Eine produktivere Wirtschaft braucht mehr als nur technologische Fortschritte – auch Standortfaktoren wie Steuern, Energiepreise und Infrastruktur müssen optimiert werden.
KI als Effizienztreiber, aber keine Jobgefahr
Ein häufiger Diskussionspunkt rund um KI ist die Sorge um Arbeitsplätze. Die Studie gibt hier Entwarnung: Zwar könne KI die Effizienz steigern und Arbeitsprozesse beschleunigen, doch sie sei kein „Jobkiller“. Vielmehr erleichtern spezialisierte Systeme und Chatbots die Arbeit und erhöhen die Produktivität.
Tatsächlich profitieren KI-Anwender sogar finanziell: Wer mit KI arbeitet, verdient im Schnitt mehr und hat bessere Gehaltsaussichten. Dennoch gibt es ein großes Problem: 2024 hatten rund 58 Prozent der Beschäftigten in Deutschland noch nie mit KI gearbeitet, und 80 Prozent der Unternehmen kennen kein tragfähiges Geschäftsmodell für den Einsatz der Technologie. Hier liegt ungenutztes Potenzial.
Deutsche Unternehmen sollten KI offensiver nutzen
Die Experten empfehlen Unternehmen, einfach loszulegen: KI muss nicht gleich ein großes Sprachmodell sein. Gerade der Mittelstand kann bereits mit bestehenden IT-Strukturen von KI profitieren, etwa durch automatisierte Ausschreibungsanalysen oder Datenverarbeitung.
Doch es gibt Herausforderungen: Die digitale Infrastruktur in Deutschland ist noch ausbaufähig, und der Mittelstand kämpft mit hohen Kosten und regulatorischen Unsicherheiten. Die EU-KI-Fabriken sind ein interessanter Ansatz, doch die bisher bereitgestellten Fördermittel reichen laut Experten kaum aus.
Fazit: Jetzt ist der richtige Zeitpunkt zum Handeln
Deutschland steht an einem Wendepunkt: KI bietet die Chance, das Produktivitätswachstum wieder anzukurbeln und im globalen Wettbewerb mitzuhalten. Unternehmen sollten die Technologie nicht als Risiko, sondern als Werkzeug sehen, um ihre Effizienz zu steigern. Die wichtigste Erkenntnis des Gutachtens: KI allein reicht nicht. Eine erfolgreiche Wirtschaft erfordert Investitionen in Infrastruktur, Innovationskultur und Fachkräfte. Wer jetzt handelt, kann sich einen entscheidenden Vorteil verschaffen.