Ein neuer Web-Standard verspricht mehr Kontrolle über digitale Inhalte – doch löst RSL 1.0 tatsächlich die aktuellen Lizenzprobleme?
RSL 1.0 tritt an, um eine Lücke zu schließen, die in den vergangenen Jahren immer offensichtlicher wurde: Webseitenbetreiber möchten klar definieren, wie ihre Inhalte verwendet werden dürfen – insbesondere im Hinblick auf KI-Systeme, die massenhaft Daten aus dem offenen Web sammeln. Während robots.txt lediglich einfache Zugriffsregeln kennt, bietet der neue Standard erstmals eine maschinenlesbare Sprache für Lizenzrechte, Nutzungsbedingungen und Vergütungsmodelle.
Dass mehr als 1500 Medienunternehmen sowie Organisationen wie Cloudflare, Akamai oder Creative Commons den Ansatz unterstützen, zeigt, wie groß der Handlungsdruck ist. Viele Verlage sehen ihre Inhalte derzeit als faktisch ungeschützt, weil KI-Anbieter sie trotz robots.txt oder ohne individuelle Vereinbarung für Trainingsdaten nutzen können. RSL 1.0 soll diese Unsicherheit beseitigen, indem es sowohl feinere Nutzungssignale als auch potenzielle Zahlungsanforderungen ermöglicht.
Besonders interessant ist der Zeitpunkt der Einführung. Die EU-Kommission untersucht aktuell, ob Google seine Marktmacht missbraucht, indem Webseitenbetreiber keine Möglichkeit haben, Suchcrawler und KI-Crawler getrennt zu steuern. RSL 1.0 greift genau dieses Problem auf – und könnte damit zum Instrument einer faireren Regulierung werden. Allerdings löst der Standard die technische Durchsetzung nicht selbst; erst Infrastrukturpartner wie Cloudflare oder Akamai können dafür Sorge tragen, dass Lizenzen nicht nur deklariert, sondern auch praktisch umgesetzt werden.
Für die Werbebranche spielt zudem ein wirtschaftlicher Faktor eine große Rolle: Wenn Nutzer KI-Antworten statt Originalquellen lesen, sinken Klickzahlen und damit Werbeeinnahmen. Der IAB unterstützt RSL daher auch aus strategischen Gründen. Ob der Standard jedoch tatsächlich breite Anwendung findet und von KI-Unternehmen respektiert wird, bleibt abzuwarten – doch er stellt einen bedeutsamen Schritt in Richtung digitaler Fairness dar.
