Wie weit kann Künstliche Intelligenz beim Programmieren wirklich helfen? Diese Frage hat sich der Entwickler Indragie Karunaratne gestellt – und beantwortet sie mit einem spannenden Praxisbeispiel.
In seinem Blog schildert Karunaratne, wie er seine neue Mac-App Context fast vollständig mit Hilfe von Anthropics Claude Code entwickelt hat. Die App dient zum Debuggen von MCP-Servern, einem Standard zur Anbindung externer Datenquellen an KI-Anwendungen. Mit gerade einmal rund 1.000 von insgesamt 20.000 Codezeilen selbst geschrieben und dem Rest aus der KI-gestützten Umgebung generiert, konnte der erfahrene macOS-Entwickler sein Freizeitprojekt in wenigen Monaten abschließen – etwas, das ihm zuvor jahrelang nicht gelungen war.
Bemerkenswert: Statt einer klassischen IDE setzt Claude Code auf eine Terminal-Oberfläche und einen sogenannten „agentischen“ Ansatz. Das ermöglicht, dass die KI nicht nur Code-Vorschläge macht, sondern eigenständig plant, testet und Fehler behebt. Gerade für die Gestaltung der Benutzungsoberflächen in SwiftUI lieferte die KI gute Resultate, auch wenn optisch noch Nacharbeit nötig war. „Make it more beautiful“, so Karunaratne, reichte dabei schon aus, um bessere Designs zu erhalten.
Allerdings zeigte die KI auch Grenzen: Moderne Swift-Features wie Concurrency beherrscht sie nicht perfekt, und häufig greift sie auf veraltete Objective-C-Methoden zurück. Außerdem ist eine gute Vorbereitung entscheidend. Statt plumper Eingaben empfiehlt Karunaratne ein kluges „Context Engineering“, bei dem relevante Dokumentation und bestehender Code vorab analysiert werden. So kann die KI gezielter arbeiten.
Auch seine Empfehlung, den Agenten zunächst mit einem „Ultrathink“-Befehl einen Plan erstellen zu lassen und dann in gut eingerichteten Feedback-Schleifen zu arbeiten, zeigt, dass KI-gestützte Entwicklung noch nicht völlig ohne menschliche Planung funktioniert. Immerhin konnte Claude Code am Ende sogar ein komplexes Python-Skript erstellen, das den Release-Prozess der App automatisiert.
Karunaratne ist überzeugt: Entwicklungsumgebungen werden sich grundlegend verändern. Zukünftig könnte die klassische Programmierung zur Nebensache werden, während das Einrichten und Steuern von KI-Agenten im Mittelpunkt steht.
