Zwei Monate vor Weihnachten hat Berlin seinen „Wunschzettel“ an Brüssel geschickt – und der hat es in sich. Doch was steckt hinter den deutschen Änderungsplänen für die EU-KI-Verordnung?
Die Bundesregierung hat der EU-Kommission ein zehnseitiges Papier mit umfangreichen Änderungsvorschlägen zur Digitalgesetzgebung übermittelt. Besonders die KI-Verordnung steht im Fokus – und dort will Deutschland tief eingreifen. Ziel sei laut Regierung, die Vorgaben praxistauglicher zu machen und Innovationen zu schützen, ohne den Rechtsrahmen aus den Augen zu verlieren.
Ein zentrales Anliegen ist die Verschiebung der Anwendung der Hochrisiko-Regeln um ein Jahr – also auf 2027. Betroffen wären etwa biometrische Systeme oder sicherheitskritische Infrastrukturen. Gleichzeitig soll die Einstufung sogenannter Allzweck-KI-Modelle (gpAI) differenzierter werden. Statt nur die Rechenleistung zu betrachten, sollen künftig weitere Kriterien über die Systemrisiken entscheiden.
Kritisch sehen viele Beobachter die geplante Streichung der Menschenrechts-Folgeabschätzung. Damit würde ein zentrales Kontrollinstrument für mögliche Diskriminierungen entfallen. Auch die geplanten Forschungs- und KMU-Ausnahmen stoßen auf Bedenken: Sie könnten dazu führen, dass ein Großteil der Unternehmen – bis zu 99 Prozent in der EU – von wesentlichen Pflichten befreit wird. Berlin hält dagegen, dass gerade Forschung und kleinere Unternehmen flexible Spielräume brauchen, um Innovation zu fördern.
Neben der KI-Verordnung will die Bundesregierung auch in andere Bereiche eingreifen – etwa die E-Privacy-Richtlinie, den Data Act und die Definitionen technischer Begriffe über verschiedene EU-Gesetze hinweg. So soll eine einheitlichere, weniger widersprüchliche Rechtslage entstehen.
Der Vorschlag zeigt: Deutschland möchte eine Balance finden – zwischen Regulierung und Wettbewerbsfähigkeit, zwischen Sicherheit und Gestaltungsspielraum. Ob die EU-Kommission diesen Kurs mitgeht, dürfte sich schon im November zeigen, wenn die Brüsseler Pläne zum Digital-Omnibus vorgestellt werden.
